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erstellt von Kurt am 01.06.2014 / letzte Änderung am 03.01.2021
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Dieser Bericht beschreibt eine Radreise durch den wohl schönsten Teil von Nordhessen.
25.05.14 – Niedervorschütz – Fritzlar
Nach ruhiger Fahrt kamen wir gegen 12:00 Uhr in Niedervorschütz an. Der Empfang war typisch hessisch: Brotzeit mit Ahler Wurscht. Ahle Wurscht, luftgetrocknete oder geräucherte Wurst, ist eine Spezialität von Nordhessen.
Bei sommerlichen Temperaturen war gegen 14:30 Uhr Abfahrt nach Fritzlar. Es ging über Böddiger, Felsberg, hier mit Altstadt- Rundfahrt und einem Stopp unterhalb der Burg mit der festungsartigen Stadtkirche. Vorbei am Schwimmbad und durch die Ederwiesen kamen wir nach Altenburg. Hier steht, nur 3 km von der Felsburg entfernt der gleiche Burgtyp, ist aber im Privatbesitz und leider stark verfallen. In Lohre fuhren wir auf die Südseite der Eder, machten in Niedermöllrich an einem idyllischen Uferbereich der Eder einen kurzen Stopp und strampelten auf ebenen Wegen Wabern entgegen. Schon von Weitem grüßt die Zuckerfabrik, die Einzige weit und breit. In der fruchtbaren Wabernschen Tiefebene werden viel Zuckerüben angebaut, weitere werden zur Auslastung des Betriebes von weit her mit LKWs oder der Bahn herangeschafft. Wabern selbst ist ein recht gesichtsloser Ort.
Der Radweg führte entlang der Bahn nach Fritzlar. Der mächtige Dom überragt das Stadtbild. Fritzlar ist die Stadt vieler mitteralterlicher Türme. Noch in keinem Ort haben wir eine solche Dichte davon gesehen. Gewohnt haben wir im "Hotel Zur Spitze" direkt auf dem Marktplatz. Dann sollte der Stadtrundgang nach einem Plan der Stadt erfolgen. Der war für 1,50 Euro am Automat zu haben. Er nahm das Geld, gab seltsame Geräusche von sich und lieferte nix - keinen Stadtrundgang – nicht lustig. Wir sind dann auf eigene Faust durch den Ort geschlendert, Wikipedia auf dem Smartphone war uns eine Hilfe. Fritzlar ist ein wahres Freilichtmuseum mit Fachwerk und mittelalterlicher Bausubstanz vom Feinsten und jeder Menge Türme. Es gibt viele nette Lokale, so dass das Kulinarische nicht zu kurz kommt.
26.06.14 – Fritzlar - Waldeck am Edersee
Wir wurden von sommerlichem Wetter geweckt und nach gutem Frühstück ging es um 9:15 Uhr los. Bis zur Edersee-Staumauer sind es ca. 23 km. Vom Marktplatz fuhren wir hinab ins Edertal. Der Flusslauf der Eder ist naturbelassen und sehr beschaulich.
Die Fahrt ging zuerst über den Festplatz vom in der Region weit bekannten Fritzlarer Pferdemarkt. Über Ungedanken und Wega führte uns der Weg gen Edersee. Von Westen zogen bereits bedrohlich schwarze Wolken auf. Aber laut Wetterbericht soll es ja noch den ganzen Tag trocken bleiben. Fragt sich nur, wie lange?
In Wega wollten wir nach Bad Wildungen abzweigen, entscheiden uns aber aufgrund der undurchsichtigen Wetterlage, auf direktem Weg zur Staumauer zu fahren und das weltbekannte Bad auszulassen. Gegen 11:00 Uhr kamen wir dort an. Nach einer kurzen Besichtigung von Mauer und Aquapark schwenkten wir auf den Oranierweg ein, der sich malerisch am südlichen Seeufer entlang schlängelt, immer wieder mit fantastischen Blicken auf und über den See. So kamen wir ca 1 Stunde vor Abfahrt des Schiffes am Anlegeplatz in Bringhausen an. Wir nutzten die Zeit, dem wassersportlichen Treiben auf dem See zuzusehen.
Dann kam das Schiff und legte direkt auf dem flach abfallenden "Strand" an. Das Boot brachte uns über den See zur Anlegestelle "Waldeck-Strandbad". Der Edersee verteilt sein Wasser hier in einer Landschaft, die Fjorden ähnlich ist. Es ist mit das schönste Stück, was man auf dem Wasser zurück legen kann. Vom Strandbad hatten wir nur ein kurzes Stück bis zur Seilbahn zu fahren.
Waldeck liegt auf dem Berg und wir wollten uns mit dem Gepäck die Auffahrt nicht antun. An der Seilbahn hat man sich auf die radelnde Kundschaft eingestellt und neben den Personen-Kabinen auch Lastenkörbe, mit denen Fahrräder transportiert werden. Oben angekommen war es nicht mehr weit zur Unterkunft. Es schien, dass es jeden Augenblick regnen würde. Wir stellten nur die Räder ab und gingen sofort zur Burg, um den schönen Ausblick über den See zu genießen. Doch der Regen war schneller.
Oben angekommen, ging es los mit dem Nass von oben. Dass es bis Donnerstagabend nicht mehr aufhören sollte, konnten wir uns da noch nicht vorstellen. Jedenfalls war die sonst so tolle Sicht von hier oben bereits stark eingeschränkt. Waldeck, obwohl ehemalige Kreisstadt, ist sehr übersichtlich und mit dem historischen Reichtum des am Vortag besuchten Fritzlar in keine Weise vergleichbar.
27.05.14 – Waldeck – Korbach – Kassel
In der Nacht goss es in Strömen, morgens anfangs eher mäßig bis gleichmäßig. Was tun? Laut ursprünglicher Planung hatten wir ein durchwachsenes Gelände mit dem einen oder anderen Anstieg mit ca. 45 km und 500 hm vor uns. Bei Dauerregen kein Genuss. Wir entschieden uns, den Edertalbahn-Radweg nach Korbach zu nehmen. Bahnwege haben nur geringe Steigung von max. 3 %. Auf der alten Bahntrasse fuhren wir auf diesem landschaftlich sehr reizvollen Weg 25 km nach Korbach. Vom landschaftlichen Reiz bekamen wir allerdings nichts mit, da es wie aus Kübeln goss und die Landschaft total wolkenverhangen war. In Korbach angekommen, waren wir klatschnass. Glücklicherweise brauchte der Zug bis Kassel-Wilhelmshöhe 1 1/2 Stunden. So konnten wir an der Heizung unsere Sachen wieder halbwegs trocknen. Aufgrund der miserablen Wetteraussichten checkten wir im Hotel Schweizer Hof gleich einen Tag länger ein und verzichteten auf das Routenstück über Hofgeismar, Reinhardswald und Sababurg – schade.
28.05.14 – Kassel
Das Hotel Schweizer Hof ist eine gute Adresse in Kassel. Zum Service gehört neben komfortabler Unterbringung in Wilhelmshöhe eine Netzkarte für den Kasseler Verkehrsverbund. Das haben wir dann auch reichlich genutzt. Die Haltestelle der Straßenbahn ist direkt vor dem Hotel, das Drehkreuz vieler Linien, der Wilhelmhöher Bahnhof nur wenige Meter entfernt.
An diesem Tag ging es nach fürstlichem Frühstück mit Straßenbahn und Bus zum Herkules hinauf. Eigentlich hatten wir uns den Mittwoch für die berühmten Wasserspiele ausgesucht, jedoch regnete es immer noch und die Sicht war grottenschlecht. Wir informierten uns im Besucherzentrum in einem Film über die Wasserkünste und wanderten dann die Kaskaden hinab, besuchten die Löwenburg samt einer interessanten Führung und schlenderten zurück zur Straßenbahn. Aufgrund der Netzkarte fuhren wir mit verschiedenen Linien kreuz und quer durch die Stadt und hatten so eine Besichtigung der anderen Art.
29.05.14 – Kassel – immer noch Dauerregen
Heute ging es nach dem guten Frühstück zuerst in die Stadt. Es wurde der alte Hauptbahnhof besichtigt, der heute nur noch regionalen Charakter besitzt.
Dann schlenderten wir über die Treppenstraße zum Friedrichsplatz, dem Zentrum der documenta, die dieses Jahr jedoch nicht stattfindet. Nach dem Friedrichsplatz führte unser Weg vorbei am Staatstheater in die Karlsaue mit dem Barockschloss Orangerie und dem berühmten Marmorbad. Zu besichtigen war leider keins der Objekte, so ließen wir es bei der Außenansicht, die selbst bei diesem Dreckswetter noch seinen Charme versprüht.
Überall in Kassel findet man Relikte vergangener documenta-Ausstellungen, ob den Himmelsstürmer am Bahnhof, das Auefenster beim Staatstheater, die überdimensionierte Kreuzhacke an der Fulda bei der Drahtbrücke, und, und, und. Obwohl die documenta eine Ausstellung moderner Kunst von Weltruf ist, kann sich nicht Jede/r damit anfreunden.
Wieder nutzten wir den perfekt funktionierenden öffentlichen Nahverkehr und fuhren mit sehr vielen Gleichgesinnten erneut dem Herkules entgegen. Hatten wir gestern aufgrund der schlechten Wetterverhältnisse auf die Wasserspiele verzichtet, setzte das Wetter heute noch einen drauf. Wir wurden mit sibirischen 12 Grad, Nieselregen, kaltem Wind und dichtem Nebel begrüßt – was will man mehr. Da wir heute den letzten Tag in Kassel weilten und die nächsten Wasserspiele erst wieder in vier Tagen statt fanden, musste es wohl sein.
Heute war der Park mit tausenden von Menschen regelrecht voll gestopft. Wir folgten dem beeindruckenden Schauspiel, das nun schon seit 300 Jahren ohne jegliche technische Hilfsmittel, wie Pumpen oder ähnliches, 750.000 Liter Wasser über ein ausgeklügeltes System ins Tal fließen lässt. Wer Kassel als Reiseziel hat, sollte an einem Mittwoch, Sonn- oder Feiertag zwischen dem 1. Mai und Anfang Oktober dort verweilen und sich dieses einzgiartige Schauspiel auf keinem Fall entgehen lassen. Selbst bei diesem Sauwetter war es noch schön.
Abends erlebten wir noch einen schönen Abschluss im verregneten Kassel. Direkt neben dem Hotel gab es eine Tapas-Bar. Dort kehrten wir ein und genossen die gebotenen spanischen Köstlichkeiten. Neben dem guten Essen und feurigem spanischen Wein wurden wir mit cubanischen Rythmen von einem Gitarrenspieler verzaubert. Es war ein wunderschöner Abend mit karibischem Flair.
30.05.14 Kassel – Hann. Münden – Witzenhausen-Gertenbach
Pünktlich zur Abreise aus Kassel zeigte sich wieder die Sonne. Wir fuhren auf ruhigen Wegen aus dem Trubel der Stadt. Der Untergrund war arg durchweicht bedingt durch die langen Regenfälle, und unsere bis dahin sauberen Räder wurden etwas unansehnlicher.
Über Park Schönfeld kamen wir in die Karlsaue. Wir fuhren vorbei an "Sieben Bergen" durch den Park und steuerten direkt auf die Orangerie zu, machten bei der großen Kreuzhacke noch ein Foto und verließen dann die Stadt in Richtung Hann. Münden. Auch hier waren die Wege, wenn der Teer aufhörte, mit den einen oder anderen Schlamm-Passagen durchsetzt. Ansonsten ist es eine schöne gemütliche Route ohne nennenswerte Ansteige.
Gegen 13:00 Uhr erreichten wir den Weserstein. Wir mussten schon einige Zeit anstehen, um das obligatorische Bild zu machen. An diesem Tag waren Massen von Radlern unterwegs. Dann ging es in die Altstadt. Nur, wie sollten wir diese besichtigen mit den Rädern und dem Gepäck. Auf der Touristinfo nach einem Aufbewahrungsplatz für unsere Radtaschen gefragt, bot man uns an, diese dort zu deponieren – ein lobenswerter Service der Stadt – herzlichen Dank. Anhand einer Beschreibung führten wir den Stadtrundgang in Eigenregie durch.
Hann. Münden ist absolut sehenswert. Nach einem kleinen, nicht so rühmlichen Imbiss in einem Innenstadtlokal fuhren wir weiter nach Witzenhausen-Gertenbach. In Hann. Münden und im weiten Umkreis war bei unserer Planung bereits Wochen vorher keine Unterkunft zu finden. Gertenbach war nicht unser Traumziel. Hier ist absolut nix los. Die Unterkunft, "Bett und Bike ", war ganz ok, obwohl die Getränkepreise uns äußerst üppig für dieses verschlafene Kaff vorkamen. Glücklicherweise hatten wir uns in Hann. Münden mit Wein und Brot eingedekt. Hier wird leider die Attraktivität der umliegenden Radwege schamlos ausgenutzt, und wie wir auf unserer weiteren Reise erfahren sollten, ist "Bett und Bike " nicht immer die beste Wahl.
31.05.14 – Witzenhausen-Gertenbach – Eschwege
Heute kamen wir das erste Mal auf dieser Reise fast pünktlich um 9:00 Uhr los. Bald hatten wir Witzenhausen erreicht, wieder ein lohnender Fachwerkort auf dieser Reise. Nach einem Schnelldurchgang in Sachen Stadtbesichtigung wurde noch ein Industrie-Objekt besichtigt, bevor es weiter ging.
Wo vor 1990, bedingt durch den Eisernen Vorhang kein Durchkommen war, kamen wir in diesem Stück nach Thüringen, ohne es direkt zu merken. Erst an den Autokennzeichen erkannte man das andere Bundesland. Ein Wegstück entlang der Werra zwischen Werlehausen und Lindewerra erwies sich als besonders reizvoll. Kurz vor Bad Soden-Allendorf wies ein Schild auf die ehemalige deutsche Teilung hin. Danach waren wir wieder in Hessen.
Wir folgten dem Radweg und kamen nach Bad Soden. Am Gradierwerk legten wir einen Stopp ein und schlenderten entlang der Saline. Gestärkt durch frische Salzluft für unsere Atemwege ging es weiter nach Allendorf mit seiner einzigartigen Fachwerkbauweise. Auf dem Marktplatz wollten wir eine Pause einlegen, entschieden uns aber dann, etwas außerhalb einzukehren.
Frisch gestärkt traten wir die letzten Kilometer nach Eschwege an. Auch hier vollzogen wir den fast schon obligatorischen Stadtrundgang anhand eines kleinen Flyers, der alle sehenswerten Objekte der Stadt beschreibt. Danach genossen wir hessische Spezialitäten bei einheimischen Bier der Eschweger Klosterbrauerei, ein Genuss.
01.06.14 – Eschwege – Bad Hersfeld
Nach mehreren Tagen Fluss-Radfahrt in mehr oder weniger ebenen Gelände, wurde es heute hügliger. Laut GPS-Planung warteten zwei saftige Steigungen auf uns, und so kam es auch. Aber wenn man erst mal sein Tempo und die richtige Trittfrequenz gefunden hat, ist das trotz Gepäck ganz gut zu bewältigen. In dem einen oder anderen Ort wartete so manches Kleinod auf uns, wie die Martinskirche mit der Himmelsdecke in Hoheneiche, eine nostalgische Wassermühle in Wichmannshausen und die schöne, historische Innenstadt von Sontra.
Nachdem wir die erste Steigung gleich hinter Eschwege zu bezwingen hatten, begann nun der zweite Anstieg. Diesmal sollte es auf 420 m über NN hinausgehen. Anfangs war das noch recht gemütlich mit kaum bemerkbaren Höhenunterschieden von knapp zwei Prozent, dann wurde es heftiger und mit Kehren durchsetzt. So was hatten wir in der sanften Mittelgebirgslandschaft nicht erwartet. In Richtung Fuldatal wartete dann eine lange Abfahrt auf uns, und kurz hinter Lispenhausen erreichten wir die Fulda. Die Brücke darüber war jedoch nicht zu befahren. Nur schiebend über eine steile Treppe mit Schieberinne war die Flussquerung möglich, mit den schweren Satteltaschen nicht immer ein leichtes Unterfangen.
Auf der anderen Seite war die Wegführung nicht ganz einfach. Ohne GPS hätten wir den Weg nicht gesehen, er war zugewachsen und nur schwach zu erkennen. Aber bald waren wir wieder auf dem Hessischen Fernradweg R1 - Teilstück Rotenburg – Bad Hersfeld. Kurz vor Friedlos hatten wir die Wahl – landschaftlich schön, aber weit ausladend über den R1 nach Bad Hersfeld, oder teilweise die stark befahrene B27 auf dem baulich abgetrennten Radweg zu begleiten. Wir nahmen Variante zwei, da hier nur die Hälfte der Entfernung ausgewiesen war. So erreichten wir Bad Hersfeld. Nach Industriegebieten, Bahngelände und auf Brücken samt üppigen Autoverkehr landeten wir bald in der Innenstadt.
Waren wir bisher fachwerkmäßig bereits mehr als verwöhnt, zeigte sich das Stadtbild eher moderner. Das Wahrzeichen der Stadt, der Turm der Hersfelder Stadtkirche schaute hinter dem Lullus-Brunnen und dem Rathaus hervor, ein paar nette Fachwerkhäuser reihten sich auf, aber der Gesamteindruck, wie z.B. in Hann. Münden oder Allendorf wollte sich nicht einstellen.
An einem zentralen Platz gegenüber einem Gasthaus stellen wir die Räder samt Gepäck ab, gönnten uns ein gutes Jacobinus vom Fass und unternahmen einen kleinen Altstadt-Rundgang einschließlich der berühmten Stiftsruine, der größten romanischen Kirchenruine der Welt. Unsere Räder mit Gepäck wähnten wir in Sicherheit gegenüber dem Gasthaus (wer soll schon wissen, dass wir nicht dort sitzen), und so war bei unserer Rückkehr auch alles in Ordnung.
Für das Abendessen hatten wir uns ein italienisches Ristorante am Lullus-Brunnen ausgesucht, danach ging es zu unserer etwas außerhalb gelegenen Unterkunft. Der gewählte Weg dorthin war bergig und matschig, von dem leicht beginnenden Regen ganz zu schweigen. So waren wir froh, in einer schön ruhigen Bleibe die Nacht zu verbringen. Für einen Schlummertrunk gab es noch ein frisch gezapftes Jacobinus.
02.06.14 – Bad Hersfeld – Melsungen
Heute fuhren wir vom Waldhotel in die Stadt auf einem Radweg entlang der Hauptstraße. Nach glitschigem Waldweg war uns kein zweites Mal zumute. Auf dieser Wegführung kamen wir recht zügig auf den R1, dem wir gegenüber gestern in seiner vollen Ausprägung folgen wollten, denn bis kurz vor Rotenburg mussten wir den gleichen Weg zurück, wie wir am Vortag gekommen waren. Wir stellten fest, dass es gestern aufgrund der Gesamtstreckenlänge die richtige Entscheidung war, teilweise vom R1 abzuweichen und die kürzere Variante zu nehmen.
Der R1 stellte sich als abwechslungsreich dar, wenn auch mit den einen oder anderen Zwischenhöhe. Kurz vor Rotenburg war eine Radweg-Umleitung angesagt, und die alternative Strecke brachte uns wieder auf die rechte Seite der Fulda und wieder zu der gleichen Brücke mit Schieberinne. Es kam uns vor wie im Film: "Und täglich grüßt das Murmeltier". Jetzt war es nicht mehr weit nach Rotenburg an der Fulda – wieder eine schöne Fachwerkstadt.
Wir kehrten im Altstadtstadtzentrum bei gutem Jacobinus ein und genossen Flammkuchen. Über unsere Herkunft und die weitere Strecke befragt, wurden wir auf die schlimme Steigung in Richtung Melsungen bei Binsfört hingewiesen. "Erfahrene Einheimische" hatten dieses Stück Weg aufgrund eigener Erfahrungen in böser Erinnerung, und uns schwante Böses, aber dazu später mehr.
In Morschen kamen wir an herrschaftlichen Gebäuden vorbei. Es war das Kloster Haydau und wieder ein Lustschloss des Landgrafen Karl zu Hessen. Ausgrabungen fanden statt. Einer der Akteure erklärte uns die geschichtlichen Zusammenhänge mit Kassel Wilhelmshöhe, Änhlichkeiten der Parkanlagen und, und, und. Und dann kam der Hinweis, dass jetzt die Berge am Fuldaradweg beginnen würden. Uns wurde Angst und Bange. Aber er wies auch auf die Fuldafähre hin, mit der man sich über den Fluss kurbeln kann. Wir steuerten laut Beschreibung der Einheimischen auf dieses Unikum zu.
Nun lag sie vor uns, die Fuldafähre, leider auf der anderen Fluss-Seite. Wir kurbelten genau laut Anweisung auf der Bedienungstafel an dem großen Rad, und - es passierte nichts. Nach genauerer Betrachtung mit dem Tele unserer Fotoapparate stellten wir fest, sie ist drüben festgekettet. Schade, wir hatten uns so auf die Gaudi gefreut. Jetzt mussten wir wohl doch in den sauren Apfel beißen, und den "schlimmen Berg" bezwingen. Also fuhren wir los. Nach einem leichten, kaum nennenswerten Anstieg kamen wir nach Beiseförth. Wir warteten weiter vergeblich auf Anstiege, die uns das Radleben erschweren würden, aber es gab keine mehr. Das war er also, der berüchtigte Anstieg zwischen Bins- und Beiseförth. So gesehen hätten wir wohl in unserer Heimat keine Teilnehmer zu unseren RoRadln-Touren, da sie alle äußerst "schlimme Berge" enthalten.
Weiter ging es gemächlich entlang der Fulda und bald kamen wir vorbei am größten Arbeitgeber der Region, der B.Braun AG, nach Melsungen. Richtung Obermelsungen wechselten wir wieder die Fuldaseite und fuhren auf einem idyllischen Weg direkt in die Altstadt von Melsungen. Über die Bartenwetzerbrücke erreichten wir unsere heutige Unterkunft, das Hotel Ellenberger. Leider war in Melsungen nichts anderes mehr frei, sonst hätten wir diese "Bett und Bike"-Unterkunft nicht genommen. Vom Preis- Leistungsverhältnis und vom Gesamteindruck war es die am wenigsten attraktive Bleibe unserer gesamten Nordhessen-Reise.
Melsungen ist nach wir vor einen Stopp wert. Leider hatte unser Lieblings-Restaurant, auch im Gaststättenführer an oberster Stelle, heute Ruhetag. In der "Kleinen Kötze" bekommt man Hessische Spezialitäten vom Feinsten, serviert von liebenswerten Wirtsleuten.
03.06.14 – Melsungen – Guntershausen – Gudensberg
Weiter ging es Fluss abwärts. Zwischen Grebenau und Guxhagen wird die Fulda am geraden Weiterfluss gehindert und macht eine große Schleife in S-Form. Idyllisch mittendrin liegt Büchenwerra. Das Tal ist schmal und landschaftlich besonders reizvoll. Auf der linken Fuldaseite grüßte jetzt das Kloster Breitenau von Guxhagen. Wir besichtigten die Anlagen, die besondes in der Nazi-Zeit auf keine rühmliche Vergangenheit zurückblicken können.
Von Guxhagen waren es nun noch ca. fünf Kilometer nach Guntershausen, wo wir die Richtung von Nord auf Süd wechselten und somit im Edertal waren. Kurz vor Guntershausen fließen nämlich Fulda und Eder zusammen. Wir machten an der Vereinigung der beiden Flüsse eine kurze Pause und erreichten bald Grifte. Kurz hinter dem Ort beginnt auf einer alten Bahnstrecke ein romantischer Weg, dem wir bis Haldorf folgten. Hier war eine Pause mit Leckereien und gutem nordhessischen Hütt-Bier fällig, das wir uns in Grifte besorgt hatten.
Es war noch früh am Tage, und auf direktem Weg weiter entlang der Bahnstrecke waren es nur noch fünf Kilomenter nach Gudensberg. Also folgten wir dem Eder-Radweg Richtung Felsberg und radelten dann entlang dem nördlichsten Weinberg der ehemaligen Bundesrepublik in Böddiger über Nieder- und Obervorschütz zu unserem Ziel in Gudensberg.
Gudensberg ist eine nette Kleinstadt mit ca. 9.000 Einwohnern, einem historischen Altstadtkern und zwei Burgen, der Wenigenburg (nach aufwendiger Renovierung im Privatbesitz) und der Obernburg. Zweite ist eine Ruine, die durch einen Burgverein erhalten wird. Hier, auf 305 m über NN hat man einen grandiosen Ausblick in das umliegende Land. Nieder- und Obervorschütz sollen zu früheren Zeiten die niederen und oberen Vorschützen zur Burg in Gudensberg gewesen sein. In Gudensberg war dann auch Endstation der Reise. Wir holten unser Auto in Niedervorschütz bei Bekannten ab und fuhren am nächsten Tag nach Rosenheim zurück.
Ende der Reise
Wer ein lohnendes Ziel für eine Mehrtages-Radtour sucht, ist in Nordhessen sicherlich gut aufgehoben. Es gibt noch weit mehr zu sehen, als wir bei dieser Reise realisieren konnten, einmal hat uns das Wetter etwas ausgebremst und zu einer kürzeren Route gezwungen, andererseits fehlte uns die Zeit, den Radius noch zu erweitern.
Wer sich für diese Reise interessiert und weitere Informationen braucht, kann sich gern an mich wenden. Ich habe jahrelang in dieser Gegend gewohnt und kenne mich daher recht gut aus.
Für Freunde des bewegten Bildes gibt es einen Film von der Reise.
Rosenheim, im Juni 2014
Kurt
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